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Funktionalanalysis

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Die Funktionalanalysis wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit dem Ziel entwickelt, allgemeine Methoden für das Lösen linearer Gleichungen zu finden. Dabei wurden die Näherungsmethoden zur Lösung linearer Gleichungssysteme mit endlich vielen Variablen (Iterationsverfahren von Jacobi) auf solche mit unendlich vielen Variablen erweitert, sowie auf Gleichungen, in denen die gesuchte Größe eine Funktion ist und mit Hilfe einer Differenzial- oder Integralgleichung (Iterationsverfahren von Picard-Lindelöf) ausgedrückt wird. Die Untersuchung von Schwingungen (eingespannte Saite oder Membran) führte zu ähnlichen Fragestellungen, wie sie bei Eigenwertproblemen endlicher Gleichungssystem auftraten. Da die Lösungsmenge bzw. die Eigenräume lineare Räume (Vektorräume) sind, lag es nahe, unendlich dimensionale Funktionenräume zu betrachten.

Zu diesem Zweck wurden normierte Räume (Friedrich Riesz, ab 1910), Banachräume (Stefan Banach 1920) bzw. Hilberträume (David Hilbert, ab 1904, Erhard Schmidt 1908) eingeführt.

Während die normierten Räume nur eine mit der Vektorraumstruktur verträgliche Abstandsfunktion besitzen (die Norm) und im Fall der Banachräume darüber hinaus vollständig sind, bilden die Hilberträume die natürliche Verallgemeinerung des euklidischen Raums. Die Norm wird über ein Skalarprodukt definiert, das es erlaubt weitere geometrische Grundbegriffe wie "senkrecht stehen" auf unendliche Dimensionen zu übertragen.

Zentrale Begriffe der Funktionalanalysis sind das Funktional, eine stetige lineare Abbildung eines normierten Raums in den Körper der Skalaren ( \(mathbb{R}\)oder \(mathbb{C}\)), sowie der Operator, eine stetige lineare Abbildung zwischen zwei normierten Räumen. Bei letzteren handelt es sich häufig um Differenzial- oder Integraloperatoren zwischen Funktionenräumen, womit gewöhnliche und partielle Differenzialgleichungen oder Integralgleichungen mit den in einem abstrakten Rahmen entwickelten Methoden behandelt werden können.

Beispiel: (Dirichlet-Problem) Hierbei handelt es sich um die Aufgabe, ein reellwertige Funktion u auf einem beschränkten Gebiet \(Omega subset mathbb{R}^2\) zu finden, die auf \(Omega\) inklusive dem hinreichend glatten Rand \(Gamma \) stetig ist, auf dem Rand mit einer vorgegebenen stetigen Funktion f übereinstimmt und in \(Omega\) der partiellen Differenzialgleichung

(Delta u=frac{partial^2 }{partial x^2} u+frac{partial^2 }{partial y^2}u=0)

genügt. Der Fall f = 0 beschreibt die stationären Zustände einer am Rand \(Gamma \) eingespannten schwingenden Membran mit homogener Massenverteilung. Das Problem wurde ebenso wie das eindimensionale Analogon der schwingenden Saite vollständig gelöst. Es gibt abzählbar viele Lösungen, die zu dem Grundton und den Obertönen der schwingenden Membran gehören. Die Frequenzen der Schwingungen sind charakteristisch für die Gestalt der Membran. Durch sie wird sowohl der Flächeninhalt (Hermann Weyl 1911) als auch der Umfang (Pleijel 1954) und die Anzahl eventueller Löcher (Marc Kac 1966) festgelegt. Dies veranlasste Kac zu der Frage, ob man die Form einer Trommel hören könne. Erst 1992 haben amerikanische Mathematiker Gordon, Webb und Wolpert zwei unterschiedliche Membranen gefunden, die dieselben Töne erzeugen.

Das Dirichlet-Problem stellte die Mathematiker immer wieder vor die Aufgabe, neue Methoden zu entwickeln und die bestehende Theorie auszubauen. Dazu gehören Ivar Fredholms Lösungstheorie und David Hilberts Spektraltheorie für Integralgleichungen, und der um 1940 eingeführte Begriff der schwachen Lösung, dessen abstrakter Rahmen dann die Theorie der topologischen Vektorräume bildete.

Eine besondere Bedeutung erhielt die Funktionalanalysis durch ihre Anwendung auf die Quantenmechanik (von Neumann, 1932). Damit spielte sie in der Physik für die Quantenmechanik eine ebenso bedeutende Rolle wie 20 Jahre vorher die Differenzialgeometrie für die Relativitätstheorie.