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„Digitalisierung und Adressierung des Lehrkräftemangels zusammen denken“

Arndt Kwiatkowski
Arndt ist Co-Gründer und Co-Geschäftsführer bei bettermarks.

In den vergangenen Monaten ist die Problemlage von wachsenden Schülerzahlen, fehlenden Lehrkräften und bedrohlich anwachsender Leistungsschwäche schon bei Grundfertigkeiten in Mathematik und Deutsch (IQB-Bildungstrend) transparent geworden. Die SWK begründet damit in ihrem aktuellen Gutachten zur Überwindung des Lehrkräftemangels die Notwendigkeit von Mehrarbeit, die von den bestehenden Lehrkräften zu leisten sein wird, wenn

„wir nicht Generationen von Bildungsverlierern produzieren wollen“ (Olaf Köller).

Damit einher geht die Forderung, dass die Lehrerinnen und Lehrer sich auf ihre eigentliche Aufgabe, das Lehren, fokussieren können und von Routinearbeiten entlastet werden müssen.

Doch wie sollen die Lehrkräfte von unproduktiven Tätigkeiten befreit werden, mal abgesehen von den offensichtlich Maßnahmen, wie dem Einsatz IT-Administratoren für Schulen oder der Verlagerung von Verwaltungsarbeiten z. B. bei der Abrechnung von Klassenfahrten?

Dazu hatte die SWK in ihrem letzten Bericht „Digitalisierung im Bildungssystem“ den Einsatz einer neuen Generation von digitalen Schulbüchern in allen Fächern und Klassenstufen, Intelligenten Tutoriellen Systemen (oder auch: adaptive Lehrwerke) als Lösung angeboten.

Adaptive Schulbücher als Lösung zur Entlastung der Lehrkräfte

„Adaptive Schulbücher“ entlasten die Lehrkräfte zum einen bei der Unterrichtsvorbereitung (z. B. Erstellung von Stoffverteilungsplänen, Diagnose und automatische Bereitstellung von individuell passendem Fördermaterial, Vorbereitung auf Elterngespräche, Einweisung von Vertretungslehrern). Zum anderen liefern sie den Lehrenden die benötigte Transparenz über die Aktivitäten und den Leistungsstand ihrer Schülerinnen und Schüler, um gezielt auf die individuellen Bedürfnisse in ihren Klassen eingehen zu können. Ein adaptives Lernsystem, wie es bettermarks für Mathematik in den Klassenstufen 4 bis 12 anbietet, begleitet die Lernenden in den Übungsphasen mit anschaulichen Erklärungen, Hilfestellungen sowie didaktisch hilfreichen Rückmeldungen und automatischen Korrekturen bei jedem Aufgabenschritt. Dadurch können die Schülerinnen und Schüler in ihrem individuellen Tempo eigenständig arbeiten, ohne in Sackgassen zu laufen.

Bei denjenigen Schülerinnen und Schülern, die zusätzliche Unterstützung ihrer Lehrkräfte benötigen, sei es, weil sie unter- oder überfordert sind, erkennen die Lehrenden den aktuellen Bedarf und haben auch die Zeit für die Betreuung, da ein Großteil der Klasse eben selbständig arbeitet.

Ein Zeitgewinn bei gleichzeitiger Steigerung der Unterrichtsqualität wird darüber hinaus durch die Bereitstellung von verstehensorientierten Inhalten zur Einführung in neue Themen des Lehrplanes bewirkt. Diese „interaktiven Tafelbilder“ bieten sowohl eine verständnisfördernde Interaktivität als auch optional nutzbare Anleitungen für die Lehrerinnen und Lehrer, wie das Klassengespräch besonders lernwirksam geführt werden kann.

Es ist nicht überraschend, dass wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass der Einsatz solch adaptiver Lernsysteme eine positive Wirkung auf die Lernergebnisse im Klassenverbund hat. Auf dieser Basis gilt es, diese nächste Generation der Schulbücher und Arbeitshefte – über das Fach Mathematik hinaus – für möglichst alle Fächer zeitnah verfügbar zu machen! Eine Zusammenarbeit von pädagogischen Hochschulen, Institutionen der Schulsysteme mit Verlagen und Software-Unternehmen wäre dafür sehr hilfreich.

Herausforderungen bei der Umsetzung in der Praxis

Doch die Verfügbarkeit von lernwirksamen adaptiven Schulbüchern ist nur die eine Seite der Medaille. Um aus der Bildungskrise herauszukommen, braucht es noch die andere Seite: Wie kommt die digitale Unterstützung in möglichst jeder Klasse an? Am Beispiel der Nutzung von bettermarks im Fach Mathematik lässt sich dies verdeutlichen: Derzeit nutzen ca. 10 % der Schülerinnen und Schüler an Sekundarschulen in Deutschland das adaptive Lernsystem, wobei die Verbreitung im Bundesgebiet sehr unterschiedlich ist. In den acht Bundesländern, die eine Landeslizenz beschafft, das Lernsystem in ihre Learning Management Systeme integriert haben und laufend Fortbildungen anbieten, beträgt die Nutzungsquote bis zu 50 % der Lernenden. In den übrigen Bundesländern sind verschwindend geringe Nutzungsquoten von 3 % keine Ausnahme. Die Ursache dafür liegt im unterschiedlichen Aufgabenverständnis der Bildungsministerien.

Wird nach der Maxime verfahren „Wir haben selbstständige Schulen. Die müssen selbst suchen und beurteilen, was gut für sie ist und welche Nutzungsszenarien effektiv sind“, wird die komplexe und zeitraubende Evaluation wirksamer Anwendungen aus der Vielzahl der digitalen Angebote den einzelnen Lehrkräften überlassen. Diese sind aber ohnehin schon im Hamsterrad des Tagesgeschäfts gefangen, haben keine Zeitdeputate dafür und sind in der Regel keine Digitalexperten. Die häufige Reaktion lautet dann: „Ich habe keine Zeit, mich um digitale Lernsysteme zu kümmern.“

In den Bundesländern, welche die Schulen aktiv bei der Auswahl und Nutzung digitaler Bildungsmedien begleiten, werden fachspezifische Empfehlungen gegeben. Die Schulen und dort wiederum die einzelne Lehrkraft entscheidet selbst, welchen „digitalen Assistenten“ sie zu ihrer Entlastung im Unterricht einsetzen will. Aber durch die Information, welche digitale Unterstützung qualitätsgesichert ist und die Möglichkeit, an niedrigschwelligen Fortbildungen teilzunehmen, räumen die Schulverwaltungen einige Hürden hin zur systematischen Nutzung adaptiver Lernsysteme aus dem Weg. Im Ergebnis schaffen es viel mehr Lehrkräfte, mit Hilfe von „digitalen Assistenten“ ihren Unterricht zu verbessern, ohne die Belastung zu erhöhen.

Die Bedeutung digitalisierter Arbeitsprozesse in der Lehrkräfteentlastung

Wie in den meisten Berufen sind auch für Lehrkräfte digitalisierte Arbeitsprozesse das Mittel zur Entlastung von Routinearbeit. Wenn nun zur Überwindung der Bildungskrise in Deutschland sogar diskutiert wird, dass Lehrkräften ihren zeitlichen Einsatz erhöhen, können sie dann wenigstens von den Bildungsministerien und Schulverwaltungen erwarten, dass sie bei Auswahl und Nutzung von „digitalen didaktischen Assistenten“ unterstützt werden? Nur dann werden diese in der Breite zur Anwendung kommen und die Zeit, die sich Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern zuwenden, kann erheblich gesteigert werden. Last but not least, auch für die vielen neu zu gewinnenden Lehrkräfte wird der Beruf wieder attraktiver.

Arndt Kwiatkowski

Arndt ist Co-Gründer und Co-Geschäftsführer bei bettermarks.

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