Digitale Bildung: Der Weg zu mehr Chancengleichheit im 21. Jahrhundert
»Bildung verändert sich jetzt so tiefgreifend wie zuvor nur durch den Buchdruck oder die Schulpflicht: Zugangshürden werden abgebaut, Lerninhalte und –tempo auf den Einzelnen zugeschnitten, und es wird einfacher, sich im Dschungel der Bildungsangebote zurecht zu finden.« [1]
Mehr Chancengleichheit
Dr. Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung und ehemaliger Senator für Bildung in Hamburg, schrieb diesen Artikel Ende 2015. Zwischenzeitlich haben auch in Deutschland Bildungspolitik und Schulverwaltungen die Weichen gestellt, um die Herausforderungen im deutschen Bildungssystem mit Hilfe der Digitalisierung in Angriff zu nehmen. Beschlüsse und Budgets sind verabschiedet, doch die flächendeckende Umsetzung im föderalen Schulsystem ist ungewiss.
Der Einzug von „Education Technology“ in den Schulen polarisiert. Ein kürzlich veröffentlichter Beitrag im Deutschlandfunk greift die Diskussion mit einem Beispiel des Ludwigsburger Medienethikers Matthias Rath auf:
»Wenn jemand zu Ihnen sagen würde, im Jahr sterben 750 Kinder auf deutschen Straßen, 2000 werden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Der Straßenverkehr ist so gefährlich, um die Kinder zu bewahren, machen wir keine Verkehrserziehung an der Schule, sondern machen verkehrsfreie Zonen an der Schule. Und wenn sie 18 sind, stellen wir sie an den Autobahnzubringer und gucken mal, was passiert. Da würde jeder zu Recht sagen: 'Sind Sie eigentlich wahnsinnig?' Die Vorbereitung aufs Leben muss natürlich genau so sein - und so ist es mit Medien.« [2]
Der Umgang mit der digitalen Medienwelt will also gelernt sein, schlussfolgert der Deutschlandfunk. Jugendliche sollten verstehen können, warum ein Algorithmus auf einer Plattform welche Werbung ausspielt. Es geht um das Wissen um Bildrechte. Um das Bewusstsein darüber, auf welchen Servern die eigenen Daten landen. Schülerinnen und Schüler sollten den Umgang mit Cybermobbing lernen. Verstehen, warum digitale Kommunikation anders funktioniert als analoge. Sie sollten im Internet glaubwürdige Quellen erkennen und um die Gefahren im Netz wissen. Vermittelt werden sollte ihnen auch der kreative Umgang mit Medien: Sie sollen die Chancen, die das Internet bietet, ergreifen können.
Doch nicht nur der souveräne Umgang mit den omnipräsenten digitalen Medien muss an der Schule gelernt werden. Die Digitalisierung von Medieninhalten eröffnet darüber hinaus große Chancen für eine Verbesserung des schulischen Lernens. Wo diese Chancen liegen, möchte ich anhand von fünf Fragen beantworten:
- Wo gibt es Handlungsbedarf?
- Welche digitalen Lernmittel wirken?
- Was kennzeichnet wirksame digitale Lernmittel?
- Wie verbreiten sich erfolgreiche Lösungen?
- Ausblick - was können wir erwarten?
Dabei werde ich mich auf Lernmedien für den Unterricht in Mathematik und Naturwissenschaften fokussieren. Hier liegt das größte Problem gemessen am Lehrermangel, hier warten berufliche Chancen für Schulabgänger, welche die kritische Fachkräftelücke von heute bereits knapp 500.000 offenen Arbeitsstellen in Deutschland schließen können und hier gibt es die meiste Erfahrung mit digitalen Lernsystemen.
Wo gibt es Handlungsbedarf?
Leistungen in MINT-Fächern bestenfalls stagnierend
Schon beim Schulvergleichstest Pisa 2015 [3] musste das deutsche Schulsystem einen Rückschlag hinnehmen. Die rund 10.000 geprüften deutschen Schüler im Alter von 15 Jahren erzielten in Naturwissenschaften und Mathematik schlechtere Ergebnisse als drei und sechs Jahre zuvor. Mit diesen Leistungen liegt Deutschland zwar immer noch im oberen Drittel der OECD Länder und auf Platz 16 der Ranglisten aller 72 teilnehmenden Länder. [4] Aber es ist nicht beruhigend, dass die hiesigen Ergebnisse zwar deutlich besser sind als in den meisten Ländern aus Südeuropa, Osteuropa oder Lateinamerika, dafür aber z.B. Kanada, Estland oder einige asiatische Länder gegenüber unserem Schulsystem einen Leistungsvorsprung von bis zu zwei Schuljahren erarbeitet haben.
Über die Gruppe der 15-Jährigen hinaus, die in den PISA Studien verglichen werden, haben sich die über die Qualitätssicherungsinstitute der Länder erhobenen Leistungen der Viertklässler in Mathematik gegenüber dem Vorjahr sogar verschlechtert. Nur 62 Prozent der 30.000 repräsentativ getesteten Schüler erreichten mindestens die Kompetenzen, die sie in der vierten Klasse regulär haben sollten. [5]
Herkunft entscheidet über das Bildungsniveau
Außerdem ist die fehlende Durchlässigkeit des deutschen Bildungssystems kritisch. So sind 16 Prozent der Varianz der Schülerleistungen in Naturwissenschaften auf Unterschiede beim sozioökonomischen Hintergrund der Schüler zurückzuführen. In Kanada, Estland, Finnland und Japan sind es maximal 10 Prozent. [6]
Die starke Abhängigkeit der Bildungsabschlüsse vom sozio-ökonomischen Hintergrund spiegelt sich entsprechend auch in der Schulabbrecherquote, die unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund von 11,8 Prozent im Jahr 2015 auf 14,2 Prozent im Jahr 2016 angestiegen ist. [7]
Eine weitere Auswirkung der Undurchlässigkeit unseres Bildungssystems ist die Verteilung der höheren Bildungsabschlüsse: Von 100 Kindern aus Akademiker-Familien schaffen 79 den Sprung an eine Hochschule. Haben beide Eltern keinen Hochschul-Abschluss, sind es nur 27, wie Zahlen des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) für 2016 zeigen. [8]
Lehrer können eine individuelle Förderung kaum leisten
Um der Heterogenität im Klassenraum gerecht werden zu können, müsste von den Lehrern in Klassen mit 20 – 30 Lernenden enorm viel geleistet werden: Lernschwache und lernstarke Schüler sollen gleichzeitig ihre Kompetenzen ausbauen, ohne über- oder unterfordert zu werden. Dafür werden deren jeweilige Stärken diagnostiziert und ihnen Lernangebote gemacht, die auf ihre Ausgangslage zugeschnitten sind. Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten sollen also auf ihrem individuellen Weg die im Curriculum verankerten Kompetenzen so weit wie möglich erwerben und dabei in der sozialen Gemeinschaft des Klassenverbundes lernen.
Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) beschreibt mit ihrer für alle Bundesländer verpflichtenden Strategie Bildung in der digitalen Welt aus dem Jahr 2016 die derzeit noch ungelöste Aufgabe: “Gerade die zunehmende Heterogenität von Lerngruppen, auch im Hinblick auf die inklusive Bildung, macht es erforderlich, individualisierte Lernarrangements zu entwickeln und verfügbar zu machen. Digitale Lernumgebungen können hier die notwendigen Freiräume schaffen.“ [9]
Der Lehrermangel weitet sich aus
Nach Aussage des Deutschen Lehrerverbands fehlen in 2018 fast 40.000 Pädagogen an unseren Schulen. „Derzeit sind rund 10.000 Lehrerstellen nicht besetzt. Dazu kommen etwa 30.000 Stellen, die notdürftig mit Nicht-Lehrern, Seiteneinsteigern, Pensionisten und Studenten besetzt werden.“, sagte deren Präsident Heinz-Peter Meidinger. [10] Und diese Lücke wird sich weiter vergrößern, da die meisten MINT-Lehrer bis zum Schuljahr 2025/2026 in Rente gehen.
Welche digitalen Lernmittel wirken?
Die neue Generation digitaler Lernmittel hat das Potential, das Leistungsniveau aller Schüler zu steigern und gleichzeitig den Leistungsabstand zu verringern („closing the gap and raising the bar“).
Zu diesem Ergebnis kommt auch die Meta-Studie Digitale Medien im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht der Sekundarstufe – Einsatzmöglichkeiten, Umsetzung und Wirksamkeit des Zentrums für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) der Technischen Universität München (TUM). [11]
Die Studie zeigt, dass im direkten Vergleich mit Klassen, die traditionell unterrichtet wurden, der Einsatz von digitalen Unterrichtsmedien durchweg zu besseren Ergebnissen in den durchgeführten Leistungstests führt. „Wir sehen, dass auch sehr gut gemachte Lernprogramme nicht die Lehrerinnen und Lehrer ersetzen können.“ sagt Prof. Kristina Reiss, Leiterin des ZIB und Dekanin der TUM School of Education. [12] Aber es sei erkennbar, dass die Vorteile digitalen Materials bei einem durchdachten Einsatz gerade bei komplexen und abstrakten Inhalten in Naturwissenschaften und Mathematik voll zur Geltung kommen. „Wenn mit neuen Unterrichtsmethoden darüber hinaus die Motivation der Schülerinnen und Schüler erhöht wird, ist das eine große Chance für die MINT-Fächer“ [13], betont Reiss. „Die jüngste PISA-Studie hat gezeigt, dass Jugendliche in Deutschland vergleichsweise wenig an Naturwissenschaften in Schule und Beruf interessiert sind.“ [14]
Ein weiteres Beispiel für die leistungssteigernde Wirkung intelligenter Tutorensysteme ist eine Studie des Bildungsministeriums in Uruguay, wo basierend auf OECD Daten diejenigen Schüler, die ein adaptives Lernsystem für Mathematik (bettermarks oder PAM) genutzt haben, über einen Zeitraum von 3 Jahren mit den Schülern verglichen wurden, die ausschließlich mit herkömmlichen Lernmitteln unterrichtet wurden [15]:
Die durchschnittliche Leistungsverbesserung der PAM-Nutzer betrug gut fünfzehn Prozent und im niedrigsten sozio-ökonomischen Umfeld sogar fast dreißig Prozent. Dies wird vom Bildungsministerium als klarer Wirkungsbeweis ihrer Digitalisierungsstrategie gesehen:
»This is the first evidence on country level of a pedagogical tool of this type, and shows that the possibility of improving the quality of education through the usage of technology is a real alternative. It is reasonable to conceive that PAM is a highly cost-effective strategy.«
Um die Leistungszuwächse weiter zu erhöhen, zielt das Bildungsministerium im nächsten Schritt auf einen regelmäßigeren Einsatz des adaptiven Lernsystems durch die Lehrer. Dazu wird z.B. in die Lehrerausbildung investiert und die WLAN-Verbindung in den Schulen ausgebaut.
In diesem Video zeigen wir Ihnen, wie Schülerinnen und Schüler mit bettermarks aus ihren Fehlern lernen können. Grundlage dafür sind die freien Eingaben (wie auf einem Blatt Papier) sowie sofortige Rückmeldungen und das Erkennen von Wissenslücken.
Was kennzeichnet wirksame digitale Lernmittel?
Die Wirksamkeit adaptiver Lernsysteme lässt sich allerdings nicht auf alle digitalen Medieninhalte übertragen. Hinweise auf die unterschiedliche Wirksamkeit verschiedener Medienformate liefert ebenfalls die Studie der TUM:
»Die Metastudie zeigt auch, welche Typen digitaler Medien Erfolg versprechen. Die größte positive Wirkung haben sogenannte intelligente Tutorensysteme. Dabei handelt es sich um Programme, die Inhalte in kleinen Einheiten vermitteln und Übungen ermöglichen. Entscheidend ist, dass sie sich mit Geschwindigkeit, Schwierigkeitsgrad und Hilfestellungen an die Kompetenzen der Nutzerinnen und Nutzer anpassen. Vergleichsweise wenig wirksam sind Hypermediasysteme, die mit Video-, Audio- und Textmaterial auf ein freies Erkunden ausgelegt sind, ohne dass die Anwendungen ein Lernziel vorgeben.« [16]
- Geeignet zur Wissensvermittlung, sowie zum Vertiefen und Üben
bettermarks: Neue Themen werden den Lernenden z.B. durch Explorationsmöglichkeiten eröffnet. Bei Üben erlauben vielfältige Aufgabentypen mit verschiedenen Blickwinkeln auf ein mathematisches Problem die Entwicklung von Lösungskompetenz, anstatt nur Routinen zu trainieren. Die Parametrisierung der Aufgabentypen ermöglicht Wiederholungen ohne Gewohnheitseffekte. - Vorwissen der Lernenden wird berücksichtigt
bettermarks: Das benötigte Grundlagenwissen zu neuen Themen wird zur Überprüfung bereit gestellt, mögliche Wissenslücken werden diagnostiziert und es werden Übungsserien angeboten, um diese zu schließen. - Hilfestellungen werden an die individuellen Bedürfnisse des Nutzers angepasst
bettermarks: Die Eingabewerkzeuge erlauben dem Lernenden erstmal, alle denkbaren Fehler zu machen. Dann analysiert das intelligente Tutorensystem die Eingabe und der Lernende erhält konstruktive Rückmeldungen und Hilfestellungen, die über richtig / falsch hinausgehen (z.B. Teilfehlererkennung, fehlerspezifische Feedbacks, Erläuterungen mit den Werten der Aufgabe) - Granularität der Lerneinheiten
bettermarks: 2.000 Lerneinheiten für die Klassenstufen 4 - 10, mit denen die Lehrer geeignetes Lernmaterial für jede Unterrichtsstunde und jedes Kompetenzniveau in ihrer Klasse verfügbar haben.
Mit solchen digitalen Lernmitteln, können Schüler eigenständig in ihrem Tempo lernen und Lehrer erkennen tagesaktuell, wo ihre Schüler stehen und wer ggf. Unterstützung benötigt. Auch die alltäglichen Qualitätsprobleme bei Krankheitsvertretung, Förderunterricht oder fachfremd unterrichtenden Lehrern können durch intelligente Tutorensysteme abgemildert werden.
Wie verbreiten sich erfolgreiche Lösungen?
Wenn Lehrer heute digitale Lehrmittel mit ihrer Klasse einsetzen wollen, sind sie meist auf sich allein gestellt. Vom Suchen und Bewerten von Produktangeboten, dem Einsammeln der Gelder beim Elternabend bis zur Produktschulung für sich selbst und ihre Klasse. Das sind Hürden, deren Überwindung viel Idealismus und Vertrauen in die eigene Kompetenz voraussetzt. Und wie in allen Berufsgruppen, ist der Anteil solcher „Innovatoren“ auch bei Lehrenden klein – nicht höher als zwei bis vier Prozent. Vor einer breiten Nutzung von digitalen Lösungen im Schulsystem müssen also viele Hürden weggeräumt werden.
Dazu haben sich alle Bundesländer in der verbindlichen KMK Strategie verpflichtet:
»Ziel der Kultusministerkonferenz ist es, dass möglichst bis 2021 jede Schülerin und jeder Schüler jederzeit, wenn es aus pädagogischer Sicht im Unterrichtsverlauf sinnvoll ist, eine digitale Lernumgebung und einen Zugang zum Internet nutzen können sollte. Voraussetzungen dafür sind eine funktionierende Infrastruktur (Breitbandausbau; Ausstattung der Schule, Inhalte, Plattformen), die Klärung verschiedener rechtlicher Fragen (u. a. Lehr- und Lernmittel, Datenschutz, Urheberrecht), die Weiterentwicklung des Unterrichts und vor allem auch eine entsprechende Qualifikation der Lehrkräfte.« [17]
An den Investitionen für die digitale Bildungsinfrastruktur beteiligt sich der Bund mit € 5 Mrd. über fünf Jahre im Rahmen des Digitalpaktes.
Die Verantwortung für die Digitalisierung der Schulen liegt bei den Ländern. Der Ausbau der gesamten Bildungsinfrastruktur, vom Internetzugang in den Schulen, über die Verfügbarkeit von Endgeräten, bis zur Entwicklung und Integration von Schulverwaltungssoftware (Schul-Cloud), den Anpassungen bei Datenschutzverordnungen, der Lehrerausbildung und den Zulassungsverfahren für wirksame digitale Lernmedien wird sich über etliche Jahre hinziehen. Aber ein Fortschritt muss für Lehrer und Schüler schneller spürbar werden. Wo digitale Bausteine das Lernen schon heute verbessern können, müssen sie parallel zum Aufbau der Infrastruktur ausgerollt werden und nicht erst danach.
Die Hamburger Bildungsbehörde hat schon gezeigt, wie das geht:
Im September 2018 hatte die Behörde für Schule und Berufsbildung die Hamburger Mathematiklehrer zu einer Veranstaltung eingeladen, um digitale Lernmedien für den Mathematikunterricht auszuwählen. Den über 150 Teilnehmern wurde die Digitalstrategie der Bildungsbehörde erläutert und zwei alternative Programme (kapiert.de, bettermarks) präsentiert. Einige Mathematiklehrer, die schon seit etlichen Jahren Erfahrung mit intelligenten Tutorensystemen gesammelt haben, stellten sich als Unterstützer für die startenden Lehrer zur Verfügung. Mit diesen Multiplikatoren vereinbarten die neu startenden Lehrer Termine, um Hilfe bei der Überwindung von Einstiegshürden und bei der Entwicklung von Unterrichtsszenarien vor Ort zu erhalten.
Innerhalb von zehn Wochen ist die Zahl der Schulen, an denen sich Mathematiklehrer allein bei bettermarks registriert haben von 17 auf über 100 (von 119 staatlichen weiterführende Schulen) gestiegen und die gut 3.000 registrierten Schüler bei bettermarks sind auf ca. 18.000 gewachsen (von ca. 90.000 Hamburger Schülern in den Klassen 5 – 10).
Durch die Initiative der Bildungsbehörde und das Engagement der Lehrer haben unmittelbar 20 Prozent der Schüler - Tendenz steigend – die Chance auf besseren Unterricht. Dieses Vorgehen ließe sich auf alle Bundesländer übertragen.
Ausblick – Was können wir erwarten?
Mit der Kombination von politischem Willen und budgetierten Haushausmitteln liegt die Schlussfolgerung nahe, dass Deutschland – zumindest innerhalb Europas – eine Führungsrolle bei der Digitalisierung der Schulsysteme übernehmen kann: Die große Mehrheit der Schulen könnte bis 2022 mit einer digitalen Infrastruktur ausgestattet sein. Die heute verfügbaren und wirksamen digitalen Lernmittel können parallel ausgerollt und systematisch im Unterricht genutzt werden und das Leistungsniveau würde messbar steigen.
In diesem Umfeld würde ein Absatzmarkt entstehen, der attraktiv für Bildungsverlage und Internetunternehmen ist, um intelligente Tutorensysteme für alle Fächer zu entwickeln. Vom verbesserten Zugang zu naturwissenschaftlicher Bildung würden sowohl die individuellen Schüler als auch die Volkswirtschaft profitieren. Und ein weiterer ökonomischer Aspekt: Falls die Digitalisierung des Schulsystems in Deutschland zeitnah erfolgreich wird, wäre dies für viele weitere Länder vorbildlich.
Derzeit sieht es jedoch noch danach aus, dass viele Bundesländer ihr Handeln darauf beschränken, die flächendeckende Infrastruktur in jahrelangen Projekten aufzubauen und erst nach deren (ungewisser) Fertigstellung mit der Verbesserung des Unterrichts beginnen. Doch eine digitale Bildungsinfrastruktur zu bauen, ohne das eigentliche Ziel, die Verbesserung des Lernens, von Beginn an in den Mittelpunkt zu stellen, wird nicht gelingen. Ohne frühzeitige Nutzung, kontinuierliche Verbesserung und Wirkungsmessung wurde noch kein digitales Projekt erfolgreich.
Der Artikel erschien zuerst im Buch "Soziale Marktwirtschaft im digitalen Zeitalter", 1. Auflage 2019, https://www.herder.de/geschichte-politik-shop/soziale-marktwirtschaft-im-digitalen-zeitalter-klappenbroschur/c-34/p-15123/
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[1] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/analyse-zur-digitalen-bildung-revolution-mit-ansage/12428972.html: Jörg Dräger, Revolution mit Ansage, in Handelsblatt vom 09.10.2015, abgerufen am 29.01.2019.
[2] https://www.deutschlandfunk.de/lernziel-medienkompetenz-jugendliche-und-die-digitale-welt.724.de.html?dram:article_id=414470: Felicitas Boeselager, Lernziel Medienkompetenz – Jugendliche und die digitale Welt, in www.deutschlandfunk.de vom 31.03.2018, abgerufen am 29.01.2019.
[3] https://www.oecd.org/berlin/themen/pisa-studie/PISA_2015_Zusammenfassung.pdf: PISA 2015 – Ergebnisse im Fokus, OECD, 2016, abgerufen am 29.01.2019.
[4] https://www.oecd.org/berlin/themen/pisa-studie/PISA_2015_Zusammenfassung.pdf: PISA 2015 – Ergebnisse im Fokus, OECD, 2016, S. 6, abgerufen am 29.01.2019.
[5] Kohrt, P., Haag, N., Stanat, P., in Stanat, P., Schipolowski, S. Rjosk, C., Weirich, S., Haag, N. (Hrsg.), IQB-Bildungstrend 2016, Kompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik am Ende der 4. Jahrgangsstufe im zweiten Ländervergleich, Waxmann, Münster, New York, 2017, S. 141.
[6] https://www.oecd.org/berlin/themen/pisa-studie/PISA_2015_Zusammenfassung.pdf: PISA 2015 – Ergebnisse im Fokus, OECD, 2016, S. 8, abgerufen am 29.01.2019.
[7] Stiftung Neue Soziale Marktwirtschaft, INSM-Bildungsmonitor 2018, https://www.insm-bildungsmonitor.de/pdf/bildungsmonitor-2018-bundesweit.pdf, abgerufen am 29.01.2019.
[8] Kracke, N., Middendorff, E., Buck, D., Beteiligung an Hochschulbildung, Chancen(un)gleichheit in Deutschland, DZHW Brief 3/2018, Hannover, 2018
[9] Kultusministerkonferenz, Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“, 2016, S. 8.
[10] https://www.morgenpost.de/politik/article215130205/Verband-sieht-schlimmsten-Lehrermangel-seit-30-Jahren.html: Verband sieht schlimmsten Lehrermangel seit 30 Jahren, in Morgenpost vom 20.08.2018, abgerufen am 29.01.2019.
[11] Hillmayr, D., Reinhold, F., Ziernwald, L., Reiss, K. (2017). Digitale Medien im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht der Sekundarstufe. Einsatzmöglichkeiten, Umsetzung und Wirksamkeit. Münster: Waxmann
[12, 13, 14] https://www.tum.de/studium/studinews/ausgabe-012011/show-012011/article/34369/: Große Metastudie zur Wirkung digitaler Medien in der Schule, Erfolgreicher Unterricht ist digital – aber nicht ausschließlich, abgerufen am 29.01.2019.
[15] Perera, M., Aboal, D., The Impact of a Mathematics Computer-Assisted Learning Platform on Students’ Mathematics Test Scores, Fundación Ceibal, 2018
[16] https://www.tum.de/studium/studinews/ausgabe-012011/show-012011/article/34369/: Große Metastudie zur Wirkung digitaler Medien in der Schule, Erfolgreicher Unterricht ist digital – aber nicht ausschließlich, abgerufen am 29.01.2019.
[17] Kultusministerkonferenz, Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“, 2016, S. 6.